Fahrdienste und Begleitpersonen in Reha-Kliniken
Im Fall einer schwerwiegenden Erkrankung können die Kosten für Krankenhaus und Reha sehr hoch sein. Um die Sozialversicherungsträger nicht stärker als nötig zu belasten, gibt es verschiedene Steuerbefreiungen, beispielsweise auch von der Gewerbesteuer. Wie weit diese bei einer Reha-Klinik reicht, das Finanzgericht Münster in seinem Urteil vom 15. November 2024 (12 K 817/19 G) zu entscheiden. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IV R 1/25 anhängig.
Reha-Klinik mit Fahrservice
Die Steuerpflichtige betreibt eine Reha-Klinik, in der sie u.a. auch Erträge aus der Unterbringung von Begleitpersonen der Patienten erzielte. Über die medizinische Notwendigkeit der Begleitperson wurden teilweise Bescheinigungen erstellt.
Zudem erzielte sie Erträge aus einem sogenannten Fahrservice. Dabei wurden die Patienten am Anreisetag von deren Wohnung oder auch direkt von einem Krankenhaus abgeholt und am Abreisetag (ggf. mit Begleitperson) wieder zu ihrer Wohnung gebracht. Für den Fahrservice erhielt die Klinik Pauschalen von den jeweiligen Kostenträgern.
Gewerbesteuerfreiheit für Klinik-Leistungen
Im Gewerbesteuergesetz sind unter anderem auch Steuerbefreiungen für Krankenhäuser und für Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation vorgesehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Die Gewerbesteuerbefreiung ist jedoch keine unbeschränkte persönliche Steuerbefreiung. Von der Gewerbesteuer wird nicht der Träger der Einrichtungen mit seinem gesamten Gewerbeertrag befreit. Erforderlich ist vielmehr eine Differenzierung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Tätigkeiten der betroffenen Einrichtung.
Nachweis der medizinischen Notwendigkeit
Im Rahmen einer Betriebsprüfung war strittig, inwieweit die Kosten für die Begleitpersonen und den Fahrservice mit in die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer einzubeziehen sind. Dass die Reha-Klinik grundsätzlich die einschlägige Gewerbesteuerbefreiung anwenden kann, war zwischen den Beteiligten unstreitig.
Das Finanzamt hatte jedoch die Einnahmen für den Fahrservice und die Begleitpersonen teilweise den gewerbesteuerpflichtigen Erträgen zugeordnet. Dies auch, weil die entsprechenden Bescheinigungen über die medizinische Notwendigkeit nicht oder nur unvollständig vorlagen bzw. Textbausteine und nur allgemeine Begründungen verwendet wurden. Insbesondere bemängelte das Finanzamt, dass Angaben zum Zeitpunkt, zur Dauer der Behandlungen der Patienten und zur Unterstützung durch die Begleitpersonen fehlten.
Wie weit reicht die Gewerbesteuerbefreiung?
Das Finanzgericht folgte dem Ansatz des Finanzamtes nicht. Nach Ansicht des Finanzgerichts unterliegen die Gewinne bzw. Verluste aus dem Fahrservice insgesamt nicht der Gewerbesteuer. Der Transport der Patienten zur Klinik und zurück nach Hause steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Erträgen aus dem Klinikbetrieb. Die Behandlung der Patienten in der Klinik ist ohne die Anreise nicht denkbar. Sie erfolgt anlässlich der Behandlung und unterfällt damit ebenso wie die Unterbringung und Verpflegung der Patienten der Steuerbefreiung.
Auch das Angebot eines Fahrservices für die An- und Abreise dient nach Auffassung des Finanzgerichts nicht aus sich heraus der Generierung von zusätzlichen Mitteln. Der Fahrservice ist insoweit nicht vergleichbar mit dem Betrieb einer Cafeteria oder eines (kostenpflichtigen) Besucherparkplatzes, die nicht primär an die Patienten adressiert sind und deren Gewinne nicht dazu geeignet sind, die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten.
Seelische Unterstützung nicht ausreichend
Auch hinsichtlich der Unterbringung von Begleitpersonen war dem Finanzgericht der ermittelte Gewerbeertrag zu hoch. Es besteht Einigkeit bei allen Beteiligten, dass bei der Unterbringung der Begleitpersonen zwischen begünstigten und nicht begünstigten Gewinnen/Verlusten unterschieden werden muss und die Klinik insoweit partiell gewerbesteuerpflichtig ist.
Die Erträge aus der Unterbringung von Begleitpersonen unterliegen der Steuerbefreiung, wenn sie nachweisbar einen (unmittelbaren) medizinischen Nutzen für die Versorgung und/oder Genesung der Patienten der Reha-Klinik haben.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist es für die Gewerbesteuerbefreiung nicht zwingend erforderlich, dass die Unterbringung der Begleitpersonen für die Behandlung der Patienten unerlässlich sein muss, mithin die Versorgung der Patienten ohne die Begleitperson nicht möglich wäre. Andererseits reicht es für die Steuerbefreiung aber auch nicht aus, dass die Unterbringung der Begleitpersonen für die Behandlung nur in irgendeiner Weise, z. B. in Form von seelischer Unterstützung, förderlich ist. Es kommt also wie so oft auf den konkreten Einzelfall an.
Alle Kosten sind zu berücksichtigen
Entgegen der Auffassung des Finanzamtes sind bei der Ermittlung der gewerbesteuerlich zu berücksichtigenden Einkünfte aus der Unterbringung von Begleitpersonen alle durch diese verursachten Kosten, also z. B. auch für die Abnutzung der Einrichtungsgegenstände und der Immobilie, zu berücksichtigen. Es dürfen daher nicht nur die Kosten zugrunde gelegt werden, die zusätzlich durch die Begleitpersonen verursacht werden, wie z. B. deren Verpflegung.
Praktische Tipps vom Finanzgericht
Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt das Finanzgericht, auf den ärztlichen Bescheinigungen zukünftig eine genaue Diagnose, den Behandlungszeitraum, den Zeitraum der erforderlichen Anwesenheit der Begleitperson und genauere Angaben zur Einbeziehung der Begleitperson in die Behandlung mit aufzunehmen. Dabei bestehen für das Finanzgericht bei ähnlichen Diagnosen auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Verwendung gleichlautender Textbausteine.