Kinder beteiligen und Steuern optimieren
Welcher erfolgreiche Zahnarzt ächzt nicht seit langem unter der hohen Steuerbelastung? Hinzu kommt nun noch, dass durch ausufernde Energiekosten und eine zunehmende Inflation erzielte Gewinne immer weniger wert werden. Auch wenn sich an der einen oder anderen Stelle Kosten einsparen lassen oder durch Mehrarbeit höhere Gewinne erzielt werden können, um die Defizite auszugleichen: Viele erwischt dann aber zumindest die sogenannte kalte Steuerprogression.
Kalte Progression – Was ist das?
Die kalte Steuerprogression wird verursacht durch den linear progressiven Einkommensteuertarif, durch welchen der persönliche Einkommensteuersatz mit jedem zusätzlichen Euro langsam aber stetig ansteigt. Erst bei einem zu versteuernden Einkommen von derzeit 58.597 Euro (Durchschnittssteuersatz von 26,18 %) gibt es einen konstanten Steuersatz, der dann aber bereits 42 % beträgt. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826 Euro beträgt er dann sogar 45 % (Durchschnittssteuersatz von 38,66 %).
Solidaritätszuschlag belastet weiterhin höhere Einkommen
Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass der Solidaritätszuschlag nur teilweise abgeschafft wurde. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.440 Euro muss weiterhin Solidaritätszuschlag gezahlt werden, wenngleich noch nicht in voller Höhe. Auf den ersten zusätzlichen Euro Einkommensteuer beträgt er zunächst nur 0,11 Euro. Dann steigt er aber mit jedem weiteren Euro Einkommensteuer progressiv bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 102.810 Euro auf den regulären Tarif von 5,5 % der insgesamt festgesetzten Einkommensteuer an.
Grundfreibetrag mehrfach nutzen
Immerhin fällt bis zu einem zu versteuernden Einkommen von derzeit 9.984 Euro keine Einkommensteuer an. Bei höheren Einkommen tröstet das aber nur wenig. Allerdings lässt sich dieser steuerfreie Grundfreibetrag zur geschickten Steuergestaltung nutzen, denn diesen Freibetrag erhält jeder Steuerpflichtige. Wer es also schafft, seine Einkünfte auf möglichst viele Personen innerhalb der Familie zu verteilen, der kann tatsächlich Steuern sparen.
Hinweis: Der Grundfreibetrag soll rückwirkend für das Jahr 2022 um 363 Euro auf 10.347 Euro angehoben werden.
Verheiratete profitieren vom sogenannten Ehegattensplitting
Bei Verheirateten mit nur einer Einkommensquelle aus der Praxis halbiert sich die Einkommensteuerschuld schon einmal. Ein echtes Familiensplitting, welches auch die Kinder berücksichtigt, gibt es jedoch nicht. Für das erste und zweite Kind wird monatlich ein Kindergeld in Höhe von 219 Euro gezahlt, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 Euro. Bei hohen Einkommen können die Kinderfreibeträge günstiger sein. Jeder Elternteil erhält danach einen Freibetrag von 2.730 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie einen Freibetrag von 1.464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (insgesamt 4.194 Euro je Elternteil). Das Kindergeld wird dann aber vom Staat zurückgefordert.
Nun sind diese Kinderfreibeträge aber geringer als das steuerliche Existenzminimum in Höhe des Grundfreibetrags. Außerdem wird Kindern vom Staat noch immer kein eigener steuerlicher Progressionsbereich zugestanden. Vereinfachend gesagt, zahlt eine dreiköpfige Familie mit einem Einkommen von insgesamt 90.000 Euro dadurch insgesamt mehr Steuern, als drei Singles mit einem Einkommen von jeweils 30.000 Euro.
Kinder können still beteiligt werden
Um diese – vom Gesetzgeber augenscheinlich zumindest geduldete – Benachteiligung zu vermeiden, beteiligen einige Berufsträger ihre minderjährigen Kinder an der Praxis in Form einer typisch stillen Beteiligung. Eine typische stille Beteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Unternehmen mit zusätzlichem Kapital versorgt wird. Der Kapitalgeber wird dafür an den Gewinnen des Unterneh-mens beteiligt, die bei ihm zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. An Verlusten wie auch an Wertsteigerungen des Unternehmens ist der stille Gesellschafter nicht beteiligt. Nach außen tritt er nicht in Erscheinung. So können die freiberuflichen Einkünfte auf die Kinder als Einkünfte aus Kapitalvermögen verlagert werden. Dadurch lassen sich bei den Kindern die höheren Grundfreibeträge statt der Kinderfreibeträge nutzen. Außerdem wird dann jedem Kind der Progressionsbereich zugestanden, wodurch beachtliche Steuereinsparpotenziale genutzt werden können (sogenanntes Familiensplitting).
Berufsrechtliche Schranken beachten
Doch was steuerlich möglich ist, ist nicht in jedem Fall auch berufsrechtlich erlaubt. Ob eine Beteiligung der Kinder zulässig ist, sollte vorab unbedingt mit der (Zahn-) Ärztekammer und der Kassen(Zahn-)Ärztlichen Vereinigung abgestimmt und im Zulassungsverfahren dem Zulassungsausschuss vorgelegt werden.
Vereinbarung muss zivilrechtlich wirksam sein
Aus steuerlicher Sicht hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine solche Gestaltung zumindest im Jahr 2021 nicht gänzlich abgelehnt. Auch zwischen einem Freiberufler und seinen Angehörigen kann eine Innengesellschaft – in analoger Anwendung zur typisch stillen Beteiligung nach § 230 Handelsgesetzbuch – steuerlich anerkannt werden. Die Vereinbarungen müssen aber zivilrechtlich wirksam abgeschlossen werden. Die hierfür vereinbarten bzw. erforderlichen finanziellen Mittel können dem Angehörigen laut BFH zuvor sogar unentgeltlich als Schenkung zugewendet werden. Allerdings muss alles einem Fremdvergleich standhalten.
Dabei kommt es entscheidend auf die Einhaltung, Umsetzung bzw. den Vollzug der Einlagebestimmungen, der Gewinnbeteiligungsregelungen und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte der Angehörigen an. Bei minderjährigen Kindern wird hier in der Regel auch ein Ergänzungspfleger zu bestellen sein, der die Rechte des Kindes wahrnimmt und der Vertrag soll vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden.
Andererseits hat der BFH aber auch angedeutet, dass die im vorliegenden Fall genannten Leitmotive für die Beteiligung (Heranführung der minderjährigen Kinder an die Praxis bzw. den Beruf des Zahnarztes) auch für eine private Veranlassung sprechen könnten. Insoweit könnte es sich hierbei auch nur um einen Pyrrhussieg im Kampf um das Familiensplitting handeln.
Tipp: Sofern Sie entsprechende Gestaltungen planen, sollten Sie die Möglichkeit sowie die Chancen und Risiken eingehend mit Ihrem Steuerberater besprechen.