Strafprozesskosten absetzen
Bei Arbeitsgerichtsprozessen ist relativ klar, dass die dabei anfallenden Kosten in Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehen. Sie sind daher im Regelfall als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig. Wie aber sieht es bei Strafprozessen aus? Hier sind die Anforderungen höher und eng gefasst, wie auch das Finanzgericht Düsseldorf in seinem aktuellen Urteil vom 22. März 2024 (FG 3 K 2389/21 E) bestätigte. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen.
Strafprozess – Vorwurf der Untreue
Der Steuerpflichtige war in Konzerngesellschaften in leitenden Funktionen angestellt. Er war Chefsyndikusanwalt und als solcher verantwortlich für alle rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Fragen der Gesellschaft. Zudem war er Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften. Dem Steuerpflichtigen wurde Beihilfe zur Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr vorgeworfen. Die Ermittlungsverfahren wurden mangels hinreichenden Tatverdacht jedoch eingestellt.
Werbungskosten nur bei Zusammenhang mit Berufstätigkeit
Die Anwaltskosten des Steuerpflichtigen für den Strafprozess betrugen rund 67.000 Euro. Diese wurden im Einkommensteuerbescheid zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erklärungsgemäß anerkannt, im geänderten Bescheid jedoch vom Finanzamt nicht mehr berücksichtigt.
Werbungskosten liegen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vor, wenn sie durch den Beruf veranlasst sind, d. h., wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden.
Gelegenheit oder Ausübung?
Das Finanzamt begründete seine Ablehnung damit, dass Strafverteidigungskosten nur dann als Werbungskosten abzugsfähig seien, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten veranlasst wurde. Dies sei dann der Fall, wenn die zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurde. Des Weiteren werde vorausgesetzt, dass die schuldhafte Handlung noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liege. Dies sei jedoch ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich habe schädigen wollen oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert habe.
Im Streitfall war dem Steuerpflichtigen vorgeworfen worden, den ehemaligen Geschäftsführer unterstützt zu haben, um der Firma einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Damit hätte er einen Dritten durch sein Mitwirken bereichert. Diese Handlung habe ihren Ursprung nicht in der beruflichen Tätigkeit gehabt, sondern der Beruf habe ihm lediglich die Gelegenheit gegeben, eine solche Tat ausführen zu können. Die Einstellung des Strafverfahrens führe dabei zu keiner anderen Beurteilung.
Das Finanzgericht beurteilte den Sachverhalt anders und gewährte den Werbungskostenabzug. Für den Ausschluss des Werbungskostenabzugs genüge der Tatvorwurf allein zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird.
Kern der strafrechtlichen Tatvorwürfe waren Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem beruflichen Aufgabenfeld als angestelltem Geschäftsführer bzw. angestelltem Syndikusanwalt. Die Vorwürfe der Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue bezogen sich auf die rechtliche Prüfung und den Abschluss von Gewerbemietverträgen für die Gesellschaften des Konzerns sowie auf Entscheidungen, bestimmte Leistungen (Reinigung, Arbeitnehmerüberlassung, Montage) nicht durch die Gesellschaften zu erbringen bzw. fortzuführen. Der Vorwurf knüpfte damit unmittelbar am originären beruflichen Aufgabenspektrum des Steuerpflichtigen an.
Überlagerung durch private Gründe
Allein der erhobene Vorwurf eines Schädigungsvorsatzes zulasten des Konzerns bzw. einer Bereicherung des Steuerpflichtigen und des Dritten führt aus Sicht des Finanzgerichts nicht zu einer Überlagerung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigungskosten durch außerberufliche private Gründe.
Zwar kommt es für die steuerliche Beurteilung von Strafverteidigungskosten nicht darauf an, ob der Tatvorwurf zu Recht erhoben wurde. Diesen Grundsatz hat der BFH in seinem Beschluss vom 17. November 2011 (BFH VI R 75/10) jedoch in Bezug auf den Vorwurf, der Arbeitnehmer habe seinen Arbeitgeber schädigen wollen oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert, eingeschränkt. Nur der Tatvorwurf allein genüge zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird.
Von einer überlagernden privaten Veranlassung kann nur ausgegangen werden, wenn der Vorwurf zutrifft und sich die vorgeworfenen Verhaltensweisen damit tatsächlich als maßgeblich von privaten Beweggründen getragen erweisen. Kann eine solche Feststellung wie im Urteilsfall aber nicht getroffen werden, führt die enge Anknüpfung des Tatvorwurfs an die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen zur Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten als Werbungskosten.
Fazit
Strafprozesskosten können auch als Werbungskosten abziehbar sein, allerdings muss in jedem konkreten Fall nachgewiesen werden, dass die schuldhafte Handlung ihren Ursprung in der beruflichen Tätigkeit hatte und der berufliche Veranlassungszusammenhang nicht durch außerberufliche private Gründe Beruf überlagert wurde. Es bleibt abzuwarten, ob das Finanzamt die zugelassene Revision einlegt und wie die Bundesfinanzrichter dann entscheiden werden.